Risiko Lebensversicherer
Sie war einst des Deutschen liebstes Kind: die Lebensversicherung.
Hat sie doch zu ihren besten Zeiten risikolos Renditen im zweistelligen Bereich für den Sparer ermöglicht.
Doch was passiert heute mit den alten Verträgen und -vor allem- mit den neuen?
EUDEMONIA – Rücklagenaufbau & Vermögensschutz
Noch vor zehn Jahren haben sie viele von uns für ihre Altersabsicherung abgeschlossen. Sollten wir das heute wieder tun?
Risiko Lebensversicherer
Lebensversicherungsgesellschaften haben seit spätestens der Finanzkrise 2008/2009 immer größere Mühe, die teilweise 4% betragenden Garantieverzinsungen ihrer Kundenverträge zusammen mit dem dafür gebildeten Kapital auszuzahlen. Dies liegt vor allem daran, dass die Erträge aus den Staatsanleihen, von denen eine Lebensversicherung durchschnittlich ca. 85% enthält, deutlich niedriger ausfallen als die im Vertrag fixierten Garantiezinsen für den Kunden.
Insolvenzen und Instabilität
Die Situation für die Lebensversicherer wurde seitdem immer schwieriger, sodass die oberste Kontrollbehörde BaFin viele von ihnen seit 2016 als nur bedingt zahlungsfähig ansah oder sogar als zahlungsunfähig einstufte und schließen musste. Prominente Beispiele sind die Pensionskasse der Caritas oder die Pensionskasse der Steuerberater.
Wie zu erwarten war, hat sich die Lage auch 2023 nicht zum positiven gewendet. Zwar mussten (noch) keine weiteren Lebensversicherungseinrichtungen die Segel streichen, doch gelten (immer noch) nur fünf von zwölf als finanziell solide aufgestellt. Eine weitere Belastung dürften die Investitionen der 46 deutschen Versicherer wie beispielsweise der Signal Iduna in den insolventen Immobilien-Konzern Signa darstellen: Hier liegen Milliarden gebunden. Ein beträchtlicher Teil soll nicht durch Sicherheiten gedeckt sein. Insgesamt soll es bei den Beteiligungen von Landesbanken, Versicherern und Versorgungswerken um jeweils dreistellige Millionenbeträge gehen.
Doch auch so oder so dürfte es für die Versicherer im Zuge des Insolvenzverfahrens der Signa schwer werden, an das Geld für ihre Kunden ranzukommen. Diesen bleibt nichts weiter übrig, als sich über den gerade angelaufenen Immobilien-Abverkauf von Signa zu beschweren.
Rendite
Von Rendite kann bei klassischen Lebensversicherungsverträgen keine Rede mehr sein. Selbst die besten unter ihnen -mit Garantie-Verzinsungen in Höhe von 4%- erbringen heute nach 30 Jahren Laufzeit nominell weniger Auszahlung als eingezahlte Beträge (!) Je mehr Zeit vergeht, desto schlimmer, denn anhaltende Inflation sowie ansteigende laufende Vertragskosten lassen das angesparte Guthaben weiter abschmelzen.
Über alle Jahre hinweg betrachtet beträgt die laufende Verzinsung der Lebensversicherer aktuell 2,4% und liegt damit deutlich unter dem Inflationsniveau.
Zinswende
Anders als in den Vorjahren steht der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) nach langer Zeit von Minuszinsen wieder im Plus. So könnte man meinen, dass davon auch die Lebensversicherer profitieren.
Doch das ist ein Trugschluss. Mit steigenden Zinsen erhöhen sich nicht automatisch die Verzinsungen der im Bestand gehaltenen Staatsanleihen; es müssten frische Papiere mit höherer Verzinsung gekauft werden. Dazu bräuchte man aber Liquidität, an der es den deutschen Lebensversicherern durch die Bank mangelt, worauf aktuell Felix Früchtl, Geschäftsfüher der ProLife GmbH hinweist. Dadurch, dass der innere Wert der gehaltenen (alten) Staatsanleihen in den Bilanzen um bis zu 40% gesunken ist, können die Versicherer sie aktuell nicht verlustfrei verkaufen und damit problemlos Kunden auszahlen oder eben bessere Papiere einkaufen. Es entstehen sogenannte stille Lasten, vor denen nicht nur Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten warnt. Auch die BaFin hebt in ihrem aktuellen Dossier die besonderen Risiken hervor, die sich aus dem gestiegenen Leitzins für die Verträge von Versicherten ergeben.
Das vermutlich erste, offizielle Opfer solch stiller Lasten könnte die FWU AG gewesen sein. Sie meldete am 19.07.24 Insolvenz an. Grund sei „Überschuldung“. Die Töchter, über die bis Anfang Juli noch Fondsversicherungspolicen angeboten wurden, sind die FWU Life Lux (Luxemburg) und die FWU Life Austria (Österreich). Die Aufsichtsbehörden beider Länder haben die Guthaben der Kunden zunächst eingefroren. Wie dies auch bei uns der Fall wäre, kommen die Kunden auf unbestimmte Zeit nicht an ihre Ersparnisse.
Achtung: Der reale Wertverlust von Staatsanaleihen muss in den Bilanzen eines Versicherers nach den internationalen Regeln (IFRS) nicht aufgeführt werden! Es können daher die Nominalwerte der Staatsanleihen bei ihrem Kaufdatum angegeben und bis zur Endfälligkeit in den Bilanzen fortgeführt werden. Wenn wir dies im Zusammenhang mit der aktuellen FWU-Pleite betrachten, wissen wir, dass viele Versicherer gefährdet sein müssen, von denen wir aber nichts erfahren! Es sei denn, der nächste streckt die Flügel.
Behördliche Schließung auch in Italien
In Italien ist die Situation bereits eskaliert: Dort schloss die Finanzaufsicht im März 2023 den Mailänder Lebensversicherer Eurovita und versperrt den Kunden seitdem den Zugriff auf ihre Guthaben.
Besser fondsgebunden?
Hat der Kunde nun eine neuere, fondsgebundene Police, so mag die Rendite in dem einen oder anderen Fall besser aussehen, doch die Anlage bleibt dabei im Sicherungsvermögen des Versicherers und unterliegt dadurch den Regularien der Finanzaufsicht. Und da liegt dann genau das Problem.
Fakt ist: Schließt die Finanzaufsicht (bei uns: BaFin) einmal einen Lebensversicherer auf Grundlage des Versicherungsaufsichtsgesetzes (bes. §314 VAG), kommen Kunden auf unbestimmte Zeit nicht an ihre Guthaben, denn der Versicherer darf es dann auf unbestimmte Zeit nicht an den Kunden auszahlen. Schlimmer noch: Sollte sich ein Lebensversicherungsunternehmen bei der Prüfung als insolvent herausstellen, wird der Kunde nach Gesetzeslage nur noch einen Anteil seines ehemaligen Guthabens erhalten. Und eine Prüfung kann dauern…
BMF: Versicherungsaufsichtsgesetz
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Agis Thiede
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